Hörspiel des Monats September: „Mein Freund Lennie oder Die Reise“ von Ulrich Gerhardt
12.10.2017 • 10.10.2017 • Die Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste hat das Stück „Mein Freund Lennie oder Die Reise“ von Ulrich Gerhardt zum Hörspiel des Monats September gewählt. Das Stück ist eine gemeinsame Produktion vom Hessischem Rundfunk (HR), Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und Deutschlandfunk Kultur. Die Federführung lag beim HR (Dramaturgie/Redaktion: Ursula Ruppel). Ulrich Gerhardt erzählt in dem Stück von seiner Spurensuche nach einem verloren geglaubten Jugendfreund.
Die Erstsendung des 87-minütigen Originalhörspiels erfolgte am 10. September um 14.04 Uhr im Programm HR 2 Kultur. Beim Deutschlandfunk Kultur war das Stück am 17. September zu hören (18.30 bis 19.57 Uhr). Im RBB Kulturradio gab es am 8. Oktober ab 14.04 Uhr nur eine rund 55-minütige Fassung des Hörspiels (gesendet unter der Rubrik „Feature“). Autor Ulrich Gerhardt, geboren im Januar 1934 in Berlin und einer der bekanntesten deutschen Hörspielregisseure, führte auch bei diesem eigenen Stück (Mitarbeit: Roland Gerhardt) die Regie. Ulrich Gerhardt war unter anderem von 1980 bis 1986 – zusammen mit Garleff Zacharias-Langhans – Leiter der Hörspielabteilung des damaligen Senders Freies Berlin (SFB). Seit 1986 ist er als freier Hörspielregisseur tätig; für seine Stücke wurde er mehrfach ausgezeichnet. Zur Begründung ihrer Entscheidung, „Mein Freund Lennie oder Die Reise“ zum Hörspiel des Monats zu benennen, schreibt die Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste:
«Ostermontag, d. 2.4.1945…mit [Lennie] Cujé an die Quelle gegangen und einen kleinen Wasserfall gemacht“, heißt es in den Tagebuchaufzeichnungen des damals elfjährigen Ulrich Gerhardt. Was sich anschließt, ist die ergreifende Erinnerungskaskade zweier Freunde, die sich nach 70 Jahren wiederfinden. Ihre gemeinsame Heimfahrt vom Musischen Gymnasium in Untermarchtal durch das Nachkriegsdeutschland weitet sich zu einer Lebensreise und vielschichtigen Erzählung vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zur Präsidentschaft Donald Trumps. Der eine lebt als Erwachsener in Deutschland, der andere in den USA.
Was aber als Aufbruch in die Freiheit begann, bricht sich an den amerikanischen Rassengesetzen, den Drogenexzessen und fortlaufenden amerikanischen Kriegen. Die Verbrechen des Nazi-Regimes, als Kind kaum verstanden, reflektiert Cujé erst mit einem an der amerikanischen Realität geschulten Unrechtsbewusstsein. Freiheit findet er am ehesten noch als Jazzmusiker in den weichen und zugleich kristallklaren Klängen des Vibraphons. Und so tritt seine Musik als dritte Stimme zu dem Gespräch hinzu – fühlbar aufgeladen mit einer Zeithaltigkeit, dass man ausrufen möchte: Ja, so war das, so hat es sich angefühlt.
Mit dem Fokus auf Cujé erzählt und montiert Gerhardt, ohne zu drängen – die Ereignisse selbst ziehen uns mit sich: Cujés Stimme – Frankfodderisch mit amerikanischem Akzent – auf Gerhardts Anrufbeantworter. Das sind überraschende Klanggeschenke auch für den Zuhörer und Zaungast dieser Wiederbegegnung.»
* * * * *
• Alle bisherigen Hörspiele des Monats im Jahr 2017
Januar
Schere Faust Papier (Deutschlandradio Kultur)
Autor/Regie: Michel Decar
Februar
Coldhaven (SWR 2)
Autor: John Burnside, Regie: Klaus Buhlert
März
Die verlorenen Söhne (HR 2 Kultur)
Autor/Regie: Robert Schoen
April
Sie sprechen mit der Stasi (WDR 3)
Autoren/Regie: Andreas Ammer und FM Einheit
Mai
Lutherland (MDR Kultur)
Autor: Lorenz Hoffmann, Regie: Stefan Kanis
Juni
Follower (MDR Kultur)
Autor: Eugen Ruge, Regie: Ulrich Lampen
Juli
Gold. Revue (Deutschlandfunk/SWR 2)
Autor: Jan Wagner, Regie: Leonhard Koppelmann
August
NACHT (Deutschlandfunk Kultur)
Autorin: Etel Adnan, Regie: Giuseppe Maio
September
Mein Freund Lennie oder Die Reise
(HR 2 Kultur/Deutschlandfunk Kultur/RBB Kulturradio)
Autor/Regie: Ulrich Gerhardt