Pandemien und die Frage der Medialisierung
29.12.2020 •«Es gibt eine Art Wettbewerb zwischen Ereignissen um die Aufnahme ins kollektive Gedächtnis einer Gesellschaft. Diesen Wettbewerb haben ganz klar die Weltkriege gewonnen. Welche Ereignisse es ins kollektive Gedächtnis schaffen, ist vor allem eine Frage der Medialisierung: Gibt es bedeutende Gemälde, gibt es Memoiren, gibt es den großen modernistischen Roman, der sich um die Spanische Grippe dreht? Nein, die gibt es nicht. Man braucht solche Medien aber, damit die Erinnerung durch die Generationen einer Gesellschaft wandern kann. Das andere ist die Schwierigkeit, Pandemien zu erzählen. In unserer Kultur ist es viel einfacher, einen Krieg zu erzählen, weil man dabei eine Ursache identifizieren kann, Täter und Opfer hat und mit einem Friedensvertrag meistens ein relativ klares Ende. Das ist bei Pandemien nicht so: Man kann keine menschlichen Verursacher, keine Schuldigen ausfindig machen. Und auch keine „Moral von der Geschicht’“, die für erfolgreiche Narrative aber wichtig ist.»
Astrid Erll, Professorin für Neue Englischsprachige Literaturen und Kulturen an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, in einem längeren Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (Ausgabe vom 27.12.20) über die Coronakrise und kollektive Erinnerung. Erll befasst sich auch mit „Memory Studies“, einer interdisziplinären Form der Gedächtnisforschung.
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